„Fahren wie sie noch nie gefahren sind …“ Brigitte - Juli 2013

In der Tat haben wir die Zeit an Bord der „Brigitte“ sehr genossen. Wir mieten seit über 40 Jahren bei verschiedenen Vercharterern und in unterschiedlichen Ländern Schiffe. Wir hatten jedoch noch nie ein solch gepflegtes und intaktes Schiff. Von daher können wir den Slogan „Fahren wie sie noch nie gefahren sind …“ durchaus bestätigen.

 

Unser 3-wöchiger Törn führte uns nach dem Einladen des Gepäcks, was durch die praktischen Handkarren, auch für nicht mehr so sportlichen Gäste, zu einer problemlosen Übung wurde, über eine kurze Strecke von Woudsend nach Echternerbrug. Nach der Kreuzung der Fahrrinne des „Groote Brekken“ war es zunächst etwas schwierig die Einfahrt des „Follegasloots“ zu finden.

 

Am Passantensteiger des Jachthafens in Echternerbrug war alles zu finden, was man für den Betrieb benötigt. Strom , Trinkwasser und Altwasserabsaugung. Hierzu ist anzumerken, dass die Infrastruktur hierzu in der überwiegenden Zahl der Häfen vorhanden ist.

 

Der Trinkwassertank ist gut bemessen. Wir waren zu Dritt auf der Brigitte und haben in den drei Wochen nur zwei mal Trinkwasser auffüllen müssen. Der Dieseltank ist auch für einen längeren Törn ausreichend. Getankt haben wir erst bei unserer Rückkehr. Der Abwassertank muss ziemlich regelmäßig geleert werden, sonst passiert es, dass die Frischwasserpumpen automatisch abgeschaltet werden. Damit ist eine weitere Gefahr gebannt. Zu diesem Thema hatten wir Jahre zuvor schon erheblich schlimmere Erfahrungen gemacht.  Nach 3 Tagen ohne Abpumpen stellten wir fest, dass wir kein Wasser mehr entnehmen konnten. Kein Problem,  Schiff an die Absauganlage fahren, absaugen, fertig!

 

Wir fuhren weiter über Ossenzijl in die sehenswerte Kahlenberggracht. Da wir Giethorn nicht auslassen wollten, bogen wir ins Steenwijker Diep nach Steenwijk ab. In Giethorn, wo wir eigentlich schon etwas spät waren, wurde uns kurzerhand noch ein etwas enger, aber brauchbarer Liegeplatz angeboten – incl. kostenfreiem WLAN-Zugang. Da wir drei Fahrräder bequem hinter der Bugreling festmachen konnten ging es per Rad ins „Niederländische Venedig“.

 

Die weiter Fahrt ging über  die Blauwe Hand und Zwartsluis ins Zwarte Water und weiter ins Zwarte Meer. Die Verbindung zum „Goot“ ist zwar sehr schmal, lässt sich aber fahren. So erwartete uns am frühen Nachmittag nach einer Schleuse mit Hubtoren die Stadt Kampen mit seiner einmaligen, restaurierten Hebebrücke. Dank der neuen Eilandbrug verläuft der Durchgangsverkehr nun nicht mehr, wie früher durch die Stadt, bzw. dicht an ihr vorbei. Die Bewohner haben wohl drei Kreuzzeichen gemacht …

 

Dank des mit einem Handgriff zu legenden Mastes ist die Durchfahrt bis 3,85 m möglich und man kommt unter viele Brücken durch. Nützlich und vertrauenserweckend ist die Angabe der realen Durchfahrthöhe ab Wasserspiegel in Form einer Meterskala kurz vor einer Durchfahrt. Die Angaben am Steuerstand sind dann auch immer direkt verfügbar.

 

Auch Kampen ist ein Besuch wert. Speziell die Oudestraat ist sehenswert.

Weiter über die Ijssel, den Keteldiep, eine Spitzkehre ins Vassemeer und über die Roggebootsluis in die Randmeere. Elburg haben wir Backbord liegen gelassen und sind nach Harderwijk gefahren. Interssant sind immer wieder die nun in den Niederlanden vermehrt errichteten Äquadukte, bei denen die Straße unter einer Art überdimmensionalen Bottich die Wasserstraße unterquert.

 

Nach Almere fuhren wir in den südlichen Zipfel des Ijsselmeers unterhalb der drei kleinen Inseln Hooft, Warenar und De Drost in den Hafen von Muiden. Dort waren wir ebenfalls am frühen Nachmittag in der Hoffnung, noch einen Liegeplatz zu bekommen …  Na, ja der Hafenmeister war sehr nett und wies uns gerade noch den letzten, soeben freigewordenen Platz zu. Nachdem das Anlegen mit dem Heck an Dalben und mit Bugleine zum Steg mit etwas Mühe gelang(wir hatten schon ziemlichen Wind von quer ab der vom Ijssellmeer kam) stellten wir fest, dass ein Steg längs des Schiffs Fehlanzeige war. Wir waren alle  nicht in der Lage über den Bug auszusteigen. Ich hätte mich vermutlich auch schwergetan. Also, noch mal raus, auf kleinstem Raum drehen, man will ja schließlich nicht so oft Bug- und Heckstrahlruder betätigen (ist nicht „schiffig“ …) und rückwärts wieder an den Steg. Na ja, eine etwas genauere Erläuterung dessen, was ich vorhatte wäre vermutlich besser gewesen. So wurde die Leine erst mal falsch geworfen. Macht nichts, eine neue „Erläuterung“, die etwas kürzer ausfiel, half dann. Geschafft! Ausstieg nach hinten klappt perfekt. Zum Hafenmeister: wo ist der „Warme Bakker“, für die „Bollen“ morgen früh?, gibt es einen Supermarkt?, bezahlen …ups, teuerster Liegeplatz im ganzen Urlaub. Ist ja nur für eine Nacht.

 

Die Schleuse ist schmal, hat zwei Kammern und eine Drehbrücke und sie wird wohl dauernd internsiv genutzt. Nicht selten ist es auch etwas hektisch, wenn Stress durch Warten entsteht, Anweisungen der Schleusenwärterin erteilt werden und die Durchfahrtbreiten schon sehr gering sind. Aber hoichinteressant wird es dann, wenn zwischen Schleuseneinfahrt und einem Plattbosdenschiff dann noch 20 cm Platz jeweils bleiben. Auch die Erkenntnis, dass es sich um Profis handelt, reduziert nicht meinen Respekt.

 

Die Durchfahrt durch diese Schleuse führt in die Vecht. Dem Flüsschen, wohl mit der höchsten Dichte an Hausboten. Mehr als 6 km/h sind nicht drin, zum Teil wurde auch gebaggert. Trotzdem sehenswert! Vorbei an Weeps und Loenen, wo die Schleuse zu den Loosdrechtse Plassen abzweigen. Auch ein schöner Liegeplatz am Meldersteiger, wo wir zwei Tage liegen bleiben konnten, konnte meine Enttäuschung nicht vermeiden. Neben Schlangen von Booten, die neben Fahrgastschiffen durch die Schleusen wollen, ist Loosdrecht lange nicht mehr so schön, wie ich es von den 70er-Jahren in Erinnerung hatte, wo ich meine ersten Segelerfahrungen machte. Hier regiert der Touristmus in Reinstkultur! „Nur etwas trinken wollen Sie?, Nein hier können Sie nur zum Essen bleiben…“(wohlgemerkt, es war halb fünf!). Nein, Loosdrecht wird mich nicht wiedersehen. Der einzige Lichtblick war ein Bootsausrüster „Vrijheid“; wir brauchten eine Gummidichtung für den Wasserschlauch, dort bekam man alles was man sich nur denken konnte auch unsere Dichtung.

 

Nach Rückfahrt, dieses mal bis Nigtevecht auf der gleichen Strecke, befuhren wir den Amsterdam-Rijnkanaal. Man wird hier kräftig durchgeschaukelt, wenn einem ein Passagierschiff begegnet. Es lohnt sich, vorher die Fächer fürs Geschirr etwas auszupolstern. Auf Hlhe Weesp zweigten wir dann zum Glück in die Smal Weesp und die Gaasp ab. Der Brückenwärter an der „Jaargetijden“ stellte uns auf eine harte Probe. Wir mussten über eine halbe Stunden warten und vermuteten schon, dass die Brücke Sonntags gar nicht in Betrieb war. Der Almanak half auch kaum weiter. Man hätte wohl VHF-Funk haben müssen. Wir haben dies im ganzen Urlaub auch nur zwei mal vermisst.

 

Wir hatten immerhin den ersten Schönen, ja heißen Sonntag im Jahr und bogen von der Weespertrekvaart in die Amstel Richtung Amsterdam ein. Wir hatten den Eindruck, dass alles was in dieser Gegend ein Boot hat, auf dem Weg nach Amsterdam ist. Es ist kaum zu glauben, wenn man es nicht gesehen hat.

 

Die zweite Brücke, die uns dann fast eine dreiviertel Stunde Wartezeit beschert hat, war die Berlagebrug. Unter der angegebenen Telefonnummer erreichte man jemanden anderen, der unser Anliegen dann weiterleiten wollte, zum Glück wird ja in den Niederlanden sehr häufig Deutsch gesprochen und fast immer Englisch. Schlussendlich dümpelten wir ergebnislos zwischen den ganzen Booten und mussten dauernd unsere Position korrigieren, weil nicht jeder direkt wusste was mit uns los war. Dann war Schluss! Wir bauten das Cabrioverdeck ab. Es war leichter als befürchtet. Dem guten Zustand sei´s gedankt.

 

Die Fenster kann man wohl auch noch unproblematisch legen, muss aber die Satelitenantenne dann abmontieren. Das blieb uns aber erspart. Die Durchfahrt klappte.

Ab da wurden alle Brücken entlang der Amstel und der dann von uns befahrenen Nieuwe Herengracht von einem Brückenwärter zügig bedient. Er fuhr uns mit seiner Fiets von Brücke zu Brücke voraus. Nach Überqueren der BinnenIjssel oder Het-Ij erreichten wir dann den Sixhaven, dessen Einfahrt etwas verborgen hinter dem Schild liegt. Irgendwo anlegen, zum Automaten gehen(EC-Karte nicht vergessen, auch bei anderer Gelegenheit kann häuig nur mit Plastikgeld bezahlt werden), Schiffdaten eintippen und Aufkleber entnehmen. Wenn der Platz nicht passt, meldet sich der Hafenmeister schon. Von der etwas weiter nordwestlich gelegenen Amsterdam Marina wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Von beiden Yachthäfen gehen unmittelbar kostenlose Personen und Fahrrad-Fähren zum Hauptbahnhof gegenüber, wo man dann direkt in der Innenstadt ist. Nicht nur für Kinder (aber insbesondere für sie; Badezeug nicht vergessen!)lohnt sich der Besuch von NEMO, einem Technikmuseum was „Physik zum Anfassen“ zeigt. Gut beschrieben in Niederländisch und Englisch. Es ist als stilisiert untergehendes Schiff über die Einfaht zum Ijselltunnel gebaut. Eine Fußgängerbrücke führt über das Oosterdok hierhin.

 

Die folgenden Tage führten uns aufs Ijsselmeer hinaus. Da das Wetter nach zwei guten Tagen nicht so recht mitspielte, war die Fahrt über das Markermeer nach Volendam etwas bewegt. Bei  Windstärke 4-5 gegen die Windrichtung war etwas stampfen angesagt, was allerdings bei dem Schiffsgewicht sehr erträglich war. Hinter dem schönen Leuchtturm „Pferd von Marken“ mussten wir quer zum Wind gehen, was jetzt die Brigitte zum rollen brachte. Das war nicht so sehr angenehm. Wir wechselten den Kurs wieder auf eher Nordwest und machten einen Schlag zurück Südwest. Das ging dann ganz gut.

 

Wir wurden dann mit der modernsten Marina auf unserem Törm belohnt: dem Jachthaven Marina Volendam. Im Nachhinein, nachdem wir Volendam mit seinem Tourismus einem Besuch abgestattet haben waren wir heilforh, keinen Platz im Standthafen bekommen zu haben. Der Tourismus beschränkt sich aber lediglich auf die Straßen am Hafen. Ansonsten ist der ort ganz nett und ein Ausflug ins benachbarte Edam lohnt sich sehr. Man sollte sich aber erkundigen, wann der Käsemarkt schließt.

 

Wer keine Räder mitbringt, kann sich diese sogar in der Marina einfach, für wenig Geld ausleihen.

Ein Treffen mit unserem Neffen war für den nächsten Tag in Enkhuizen geplant. So machten wir uns auf, bei etwas ruhigerer See, Richtung Houtribdijk. Da wir vorher den Kompass und das Log ausgemessen und Korrekturfaktoren bestimmt hatten, wurde daraus auch eine Punktlandung. Über die östliche Schleuse  wird man als Sportbootfahrer gelenkt und erreicht so, an den alten Häfen vorbei, vor den alten Aalräucherien, den Compagnieshaven. Etwas verwundert waren wir über die in der Karte 1810 falsch herum eingezeichnete Betonnungsfarbe der Hafeneinfahrt. Am nächsten Tag kam dann auch mein Seglerherz auf seine Kosten. Das von unserem Neffen gecharterte Segelschiff ermöglichte mir bei mäßigem Wind einige schöne Segelstunden. Mit dem Segelboot ist eben auch „Raumkurs“ schön. Wir haben Enkhuizen selbst dann nicht besucht, da wir die Stadt bereits mehrfach besichtigt hatten.

 

Segel- und Motorcrew hatten leider in der (für uns) letzten Woche andere Ziele, so dass wir Kurs Lemmer nahmen und das Segelboot Richtung Amsterdam fuhr. Planmäßig erreichten wir dann am frühen Nachmittag das Friese Hoek und den Nord-Ost-Polder mit der Bucht von Lemmer. Der schönste Liegeplatz ist der im Stadthafen. Dort waren allerdings alle Plätze schon um diese Zeit belegt. Aber nach der zweiten Brücke war ein privat vermieteter Platz noch gerade groß genug für unsere 12,80 m. In der Stadtschleuse begenete uns dann noch mal die vertraute Angelrute mit dem Klompen. Diese Art der Bezahlung, die in Friesland noch üblich ist, wird wohl auch dort abgeschafft.

 

Das Wetter wurde mittlerweile richtig warm, so dass wir uns nicht viel vornahmen und endlich mal die Badegelegnheiten ausprobierten. Ist die Leiter, die ins Wasser geht, lang genug? Mit Problemen an den Knien entscheidet das über wieder ins Boot kommen oder eben nicht… Nun auch hier muss man sagen „alles bestens“ ; die herunterklappbare Leiter hatte den sonst fehlenden 5. Leitertritt und ist nach vorn stabil abgestützt. Neben dieser notwendigen Voraussetzung waren Badeplattform und Bordwasserdusche dann wieder den angenehmen Dingen zuzuordnen. Ankern und eine Runde schwimmen waren also im Groote Brekken ein Gedicht.

 

Über den Prinzess Margret Kanal und den Jeltesloot ging es über ein weiteres Äquadukt ins Heeger Meer. Am südöstlichen Außensteg der Insel „No Rabbit Island“ war noch genug Tiefe um anzulegen. Kaffeepause und noch ein Runde schwimmen.

Weiterfahrt über den Inthiema Sloot und die Koarte Fliet nach Workum. Es ist ein bischen eng alles, aber sehr gemütlich und schön. Insbesondere am Markt an der Sint Gertrudiskerk sind einige angenehme Restaurants mit netter Atmosphäre.

 

Das zweite Mal fahren wir ein Stück über den gleichen  Weg wieder zurück und ankern über Nacht im Zandmeer. Welch ein Sonnenuntergang! Das Wasser ist herrlich. Das Abschiedsessen draußen machte uns schon ein bisschen wehmütig.

 

So endete unsere Reise am Freitag morgen mit Volltanken (230 Ltr. Diesel haben wir gebraucht), Abpumpen und das Gepäck in den Wagen umladen, der unmittelbar neben dem Bürogebäude am Hafen stand. Um alles weitere kümmerten sich die Eheleute Klompmaker. Auch hier war alles bestens. Vielen Dank für die Unterstützung zu einem schönen Urlaub, bei dem alles stimmte.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Horst und Inge Berger


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